Jüdische Gemeinschaft

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Geschichte der jüdischen Gemeinde in Herlinghausen

1757 
heißt es in einem Bericht über Herlinghausen: „Im Ort stehen 59 Häuser, worinnen in 17 Häusern Judenfamilien occupiert wohnen.“

Es ist zu vermuten, dass die ersten jüdischen Einwanderer zum Ende des 16. Jahrhunderts und nach dem 30-jährigen Krieg eingewandert sind. 

Im Fürstbistum unterstanden sie dem Bischof, der ja auch weltlicher Landesherr aller Einwohner war. Der Bischof erteilte den Paderborner Juden für 6000 Reichstaler einen auf 10 Jahre befristeten Schutzbrief, welcher eine Beurkundung von Rechten und Pflichten, z.B. die Erlaubnis zur Religionsausübung und die eingeschränkte Geschäftstätigkeit der jüdischen Minderheit darstellt. Diese Schutzgelder sind natürlich auch von den Hessen erhoben worden.

Unter dem Königreich Westfalen (Regierung Jerome) erfolgte die Aufhebung aller die Juden betreffenden Vorschriften und ihre Gleichstellung auf rechtlicher Grundlage mit den übrigen Bürgern.

Mit der Reichsgründung 1871 erhielten die Juden uneingeschränkte Rechtsgleichheit.

1802 
zählt man in Herlinghausen 395 Einwohner – davon 121 Juden = 30,6 % 

1810 
zählte man 22 jüdische Familien, von denen 10 zur Miete wohnten. Als häufigste Berufsbezeichnung taucht „Handelsmann“ auf, wahrscheinlich lebten die meisten vom Klein-, Getreide- und Viehhandel. 

Herlinghausen nahm zwischen den verschiedenen Gemeinden mit seiner besonderen Aufteilung der Hoheits- und Juristdiktionsrechte und durch den hohen Anteil evangelischer Bevölkerung eine Sonderstellung ein.

Durch diese Brückenkopfstellung zwischen Hessen und Westfalen als selbständige Einheit erklärt sich der hohe jüdische Anteil an der Bevölkerung. 

Festzustellen ist, dass die Juden seit ihrer Einsiedelung nicht besonders beliebt waren. Das lag sicher auch an der Art ihrer Religionsausübung und ihrer Lebensweise. Die war den Christen (gleich ob katholisch oder evangelisch) fremd und erzeugte Furcht und Mißgunst. 
Als Filiale der jüdischen Gemeinde Warburg hatte Herlinghausen (zusammen mit Dalheim und Calenberg) eine Synagoge mit Kultraum, jedoch keinen eigenen Rabiner
Sie stand etwa bis zum Jahre 1900 im Knickhagen, Haus Nr. 2, 

Verm. um 1835 
legte man einen eigenen jüdischen Friedhof an den Hängen an. Der auf der Gemarkung Wettesingen befindliche Friedhof war Begräbnisplatz für die jüdische Gemeinde in Herlinghausen (Stadt Warburg, Westfalen). 

1864 
erfolgte hier die erste Grablegung. Vorher wurden die Herlinghäuser Juden auf dem Begräbnisplatz in Breuna bestattet.
Die noch heute lesbaren Datierungen reichen von 1869 bis 1913. Auf dem Friedhof ist ein Gedenkstein vorhanden „Zum Gedenken der hier ruhenden Jüdischen Bürger aus Herlinghausen“. 

Bericht zum jüdischen Friedhof Herlinghausen aus der HNA vom 26.10.2013:
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Um 1850 
wohnten in Herlinghausen noch etwa 17 – 18 jüdische Familien.

Gegen Ende des 19. Jhdts organisierte sich die jüdische Gemeinde in der Großgemeinde Warburg neu. 

Mit anhaltender und weiter steigender Ablehnung oder Ausgrenzung geht die Zeit der Aus- und Abwanderungen von Juden, vor allem in die größeren Städte und nach Übersee, einher. 
Mehr und mehr jüdische Familien, vor allem deren jüngere Nachkommen verlassen in der 2. Hälfte des 19. Jhrt. ihre alte ländliche Heimat in Deutschland. Die Alten bleiben und sterben aus. Im Jahr 1920 lebt schließlich noch eine einzige jüdische Familie in Herlinghausen.

Die Hummelbuchtshöfe, als ehem. Besitz der Familie Goldschmidt sind heute im Besitz der Familie Thöne.

Der jüdische Besitzer Heinemann Kayser verließ das Dorf um 1870. Später wanderte er nach Amerika aus und machte sich im Flugzeug.- und Schiffsbau einen Namen.
1879 kaufte die Familie Hold den Hof von Hermann Wienicker, der ihn zuvor von dem jüdischen Besitzer Heinemann Kayser gekauft hatte. 

Der Hof der Familie Kleeblatt gehört heute der Familie Plücker. Wohnhaus und Scheune brannten vor etlichen Jahren nieder und wurden an alter Stelle neu errichtet.

Bis zuletzt stand das Haus Nr. 69,(auf der Flurkarte jetzt Nr. 62) in dem ebenfalls eine Familie Kleeblatt bis zu ihrer Deportierung 1942 lebte, wurde im Dorf „Judenhaus“ genannt und stand noch in den 50er Jahren bis zu seinem Abriss.

Über die Familie des Juden Moritz Kleeblatt gibt eine Familienchronik Auskunft.
Moritz Kleeblatt besaß in Herlinghausen ein kleines Geschäft, in dem er vor allem mit Lebensmitteln, Vieh, Getreide, Stoffen und Ölen handelte; zusätzlich zog er von Tür zu Tür, um seine Waren zu verkaufen.

Anfang 1940 leben nur noch drei Personen jüdischen Glaubens in Herlinghausen, Moritz, Ida und Liselotte Kleeblatt. 

Der Sohn Iwan war 1937 nach den USA emigriert, die Zwillinge Ilse und Hilde überlebten in Großbritannien.
Am 28. März des Jahres 1942 mussten Moritz Kleeblatt, seine Frau und die Tochter Liselotte, durch einen Brief aufgefordert, Herlinghausen verlassen. 
Ihr Deportationsziel Riga galt als Verteilungsstelle, von der die Juden, und so auch die Kleeblatts wahrscheinlich nach Auschwitz gebracht worden sind. Ihr Schicksal ist jedoch ungewiss; wahrscheinlich sind sie im KZ Auschwitz umgekommen. 
Nachdem die Kleeblatts Herlinghausen verlassen hatten, wurde der Hausrat versteigert, den sie nicht hatten mitnehmen können.

Im Jahre 1954 ist das zum Kaufpreise in Höhe von 6700,- RM von der Finanzverwaltung im Jahre 1942 erworbene Hausgrundstück 69 ist gemäß Gerichtsbeschluß der Wiedergutmachungskammer Paderborn an die Erben Kleeblatt wieder zurück gefallen.

*Alle Informationen entstammen dem Beitrag zur Ausstellung im Museum im „Stern“ vom Jahr 2006 und wurden von Rainer Herwig zur Verfügung gestellt*